Ein Bildwechsel außer der Reihe hat Kirchenvorstandsmitglied Georg Pietsch am sonnigen Samstag nach Allerheiligen in die ehemalige Abteikirche geführt: Das neue, zeitgenössische Ostermotiv des Esloher Künstlers Thomas Jessen ist ins Magazin eingezogen und reiht sich dort von nun an ein in den Bilderzyklus mit Schlüsselszenen des christlichen Glaubens.
Das moderne Motiv ersetzt die seit 79 Jahren fehlende Osterszene. Das Gemälde war bei der Sprengung der Weserbrücke durch deutsche Soldaten am 7. April 1945 aufgrund der Druckwelle zerfetzt worden. Auf Initiative des Bonifatiuswerks mit Sitz in Paderborn hat die ehemalige Abteikirche und heutige Pfarrkirche St. Stephanus und Vitus jetzt ihr Osterbild wieder – aber nicht in Anlehnung an das zerstörte Original, sondern ganz neu. Modern. Symbolträchtig. Wirkungsvoll. Diskussionsfreudig.
Das Gemälde übersetze das Mysterium der Auferstehung ins Heute und stärke Corvey nachhaltig als spirituellen Kraftort, sagt der Ideengeber dieses ambitionierten Kunstprojekts, Professor Dr. Christoph Stiegemann. „Mit dem großen Altarbild von Thomas Jessen erlebt die Osterbotschaft in Corvey nach 79 Jahren auf fulminante Weise ihre Auferstehung.“
Von der Impulskraft, mit der Jessen auf 3,10 mal 4,50 Metern die Ostergeschichte erzählt, konnten sich die Gäste seit der festlichen Enthüllung des Bildes am 25. September einen Eindruck verschaffen. Die moderne Kunst in barockem Rahmen stieß ebenso wie die von der katholischen Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus herausgegebene Broschüre mit erhellenden Erläuterungen von Professor Stiegemann in den Premierenwochen auf großes Interesse.
Jetzt ist der Turnus des imposanten Wechselaltars wieder in seine gewohnten Bahnen zurückgekehrt. Bis kurz vor Weihnachten gehört der exponierte Platz zwischen den vergoldeten Spiralsäulen und den Monumentalfiguren der Schutzpatrone Stephanus und Vitus wieder der Mariä-Himmelfahrt-Szene. Kirchenvorstandsmitglied Georg Pietsch hat dieses Motiv am Tag nach Allerheiligen mit seiner selbst konstruierten fahrbaren Wechselhilfe wieder eingesetzt. Und Thomas Jessens neues Ostermotiv erstmals ins Magazin eingereiht. Darin stehen die insgesamt sechs Motive, wenn sie nicht gerade den Hochaltar krönen, geschützt vor Staub in Reih und Glied.
Das Magazin befindet sich auf einer rückwärtigen bühnenartigen Empore in der Sakristei hinter dem Hochaltar. Diese ist exakt auf Höhe des Bildspiegels eingezogen worden. Mit dem wenigen Platz für den Wechsel kommt Georg Pietsch gut zurecht. Seit er sein geniales fahrbares Holzgestell einsetzt, schafft der Tischler und Ingenieur den Austausch der riesigen Bilder allein – mit fachmännischen Handgriffen und souveräner Routine.
Zuallererst wird der Vorhang, hinter dem die Gemälde im Magazin stehen, elektrisch gehoben. Dann löst Georg Pietsch die oberen Befestigungen des aktuellen Altarbildes. Er rollt die Wechselhilfe heran, schiebt sie unter das Bild, löst die mittleren Befestigungen des Rahmens und neigt das Holzgestell, auf dem das Gemälde nun ruht, mitsamt dem Bild um wenige Grad. So lässt sich das Kunstwerk wegfahren und an der Seite „zwischenparken”.
Die große Fläche mit atemberaubendem Blick hinunter ins Kirchenschiff bleibt aber nicht lange frei. Denn im Magazin steht das Folge-Motiv parat. Georg Pietsch rollt es an Ort und Stelle, befestigt es und schon ist die riesige Lücke gefüllt. Das Kirchenvolk schaut hinauf auf das aktuelle Motiv.
Hinter den Kulissen fängt die Arbeit aber jetzt erst an. Denn im Magazin muss die Reihenfolge der Gemälde stimmen. Das ausgetauschte Motiv gehört ganz nach hinten. Daher gilt es, die anderen eingelagerten Kunstwerke aus dem Magazin herauszunehmen und der Bildfolge des Jahreskreises entsprechend wieder einzuordnen. Damit das Folge-Bild, was jetzt die Weihnachtsszene ist, griffbereit ganz vorne steht.
Georg Pietsch meistert dieses Rangieren und Anordnen der Bilder in der richtigen Reihenfolge dank seiner Wechselhilfe innerhalb einer dreiviertel Stunde. Die kostbaren Kunstwerke sind bei ihm in den besten Händen. Er arbeitet sinnbildlich mit Netz und doppeltem Boden. Um ganz sicher zu gehen, hat er für die „kurzen Wege” der Bilder auf der kleinen Empore in seine Wechselhilfe eine Transportsicherung eingebaut. Diese verbindet das Gestell mit dem Rahmen des Ölgemäldes.
Wir durften Georg Pietsch beim Austausch der neuen Osterszene begleiten und präsentieren auf unserer Instagram-Seite ein Reel mit Fotos und kurzen Videosequenzen. An dieser Stelle dokumentieren wir den Bildwechsel in der folgenden Bildergalerie. Wir zeigen auch Detailaufnahmen des Osterbildes, die sich nach dem Ausbau hoch oben auf der Empore auf Augenhöhe mit dem Motiv anfertigen ließen.
Nach dieser kurzen Fotosession wanderte das moderne Kunstwerk dann ins Magazin. Georg Pietsch brachte es beim Wechsel an die richtige Stelle. Zum Hochfest der Auferstehung wird das Bild dann das tun, was sein Schöpfer Thomas Jessen intendiert: zum „Nachdenken über Ostern” anregen.