Skip to main content
AKTUELL

Schlacht am Brunsberg: Endspurt der Ausstellung

By 25. September 2025No Comments

Der Countdown läuft: Noch bis zum 19. Oktober können die Menschen in die Vorgeschichte der Gründung des Klosters Corvey eintauchen. Diese entfaltet sich – auch multimedial – im Historischen Rathaus in Höxter.

VR-Brille auf und hinein ins Kampfgeschehen: Wenn die berühmte Schlacht am Brunsberg nach 1250 Jahren virtuell neu entbrennt, sind die Gäste mittendrin statt nur dabei. Dieses besondere Erlebnis ist Highlight der Ausstellung im Historischen Rathaus. Fotos: Kirchengemeinde Corvey/Sabine Robrecht

Wer die Tür zur Markthalle des Weserrenaissance-Rathauses durchschreitet, geht ins Jahr 775 zurück. Es ist die Zeit der berühmten Sachsenkriege: In diesen 30 Jahre währenden Eroberungsfeldzügen zwischen Rhein und Elbe unterwirft Frankenkönig Karl der Große die Stämme der Sachsen. Mit dem Schwert will er sie zum christlichen Glauben bekehren.

Etappensieg für Frankenherrscher Karl

Ein wichtiger Etappensieg dieser Mission ist die Schlacht am Brunsberg bei Höxter 775: Karl hatte die Syburg bei Dortmund und die Eresburg im heutigen Marsberg erobert und war zur bis zur Weser vorgestoßen. Unterhalb des Brunsberges schafft er nun die Flussquerung für seine Truppen und kann seinen Feldzug Richtung Osten fortsetzen.

Dieser Erfolg – und der Ausgang der Sachsenkriege insgesamt – ist der Morgen einer neuen Zeit. Denn mit dem Christentum, das der spätere Kaiser den Menschen aufzwingt, verbreitet sich auch die Schrift im Land der Sachsen. Ein epochaler Kulturtransfer, den in der Ausstellung ein Schreibgriffel aus Paderborn verbildlicht.

Anfassen ausdrücklich erwünscht: Repliken von Waffen und Schutzschilden runden das Mittelalter-Erlebnis ab.

Das Ölgemälde des Laienbruders Hieronymus Sies von 1704 setzt die Schlacht am Brunsberg in Szene.

Mit dem Aufbau von Bistümern werden nach den Sachsenkriegen kirchliche Strukturen geschaffen. Denn nach den Eroberungen soll die Überzeugungsmission dafür sorgen, dass das Christentum den heidnischen Vielgötterglauben auch nachhaltig ablöst und dass auch die Integration Sachsens ins fränkische Imperium gefestigt wird.

Kloster soll Glauben festigen

Hier kommt nun Corvey ins Spiel. Denn Karls Plan sieht auch die Gründung eines Benediktinerklosters als Missionszentrum vor. Mönche aus der seit den 660er Jahren bestehenden bedeutenden Abtei Corbie in der Picardie übernehmen diesen Auftrag und erschaffen in der Einöde des Sachsenlandes, am Strand der Weser, ein leuchtendes Missionszentrum: Nova Corbeia (neues Corbie) – Corvey.

In diesen wegweisenden Umbrüchen des frühen Mittelalters spielt die Schlacht am Brunsberg, die im Historischen Rathaus virtuell neu entflammt, eine Rolle. Außerdem bringt sie das im Sommer 2025 fulminant gefeierte Jubiläum „1250 Jahre Westfalen“ hervor. Denn die Westfalen werden in den Fränkischen Reichsannalen, den Annales regni Francoum, im Zusammenhang mit den Kampfhandlungen am Brunsberg im Jahr 775 als Teilstamm der Sachsen erstmals erwähnt.

Als Austragungsort der Schlacht ist Höxter also ein authentischer Ort für das Jubiläum. Daher hat sich die Weserstadt mit der Ausstellung im Rathaus und den gefeierten Open-Air-Gastspielen der Engeraner Widukind-Oper im August in das 45 Kulturprojekte umfassende große Themenjahr des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) und seiner Kulturstiftung eingereiht.

Fränkische Eroberer stören heidnische Begräbniszeremonie

Die immersive Schau in der Markthalle ist ein Gemeinschaftsprojekt von Stadtarchivar Michael Koch, Stadtarchäologe Ralf Mahytka, Dr. Martin Kroker, Leiter des LWL-Museums in der Kaiserpfalz Paderborn, und dem Huxarium Gartenpark. Dr. Georg Eggenstein, Dortmund, hat die Ausstellung kuratiert. Die digitalen Erlebnisräume mit ihren computeranimierten Charakteren wurden von den 3-D-Artists der Firma „NUSEC XR“ aus Beverungen programmiert.

Die erste dieser beiden Szenen verdeutlicht die Konflikte zwischen den Menschen vor Ort und den fränkischen Eroberern. Die Sachsen lassen sich nämlich nicht widerstandslos von ihrem Vielgötterglauben und den alten Riten abbringen. Wenn die Ausstellungsbesucher die VR-Brille aufsetzen, geraten sie in eine Begräbniszeremonie nach sächsischem Ritus. Frauen legen die Grabbeigaben zurecht, als fränkische Soldaten herbei reiten und den Trauernden am offenen Grab auf das Massivste drohen. Ihre heidnischen Zeremonien würden bald ein Ende haben!

Ein Bronzering mit eingraviertem Kreuz veranschaulicht den Sinneswandel der Sachsen hin zum Christentum.

Wie diese Zeremonien aussahen und an welche Götter unsere Vorfahren glaubten, erschließt sich auch anhand hochkarätiger archäologischer Funde. Orakelstäbchen künden vom Glauben an den einäugigen Gott Odin. Ein Bronzering mit eingraviertem Kreuz veranschaulicht dann aber auch den einsetzenden Sinneswandel der Menschen und den Anbruch einer neuen Zeit. Denn er wurde im Grab einer Frau gefunden, die nach heidnischer Tradition bestattet wurde. Am Finger trug sie aber den Ring mit dem Kreuz. Ein Webgewicht mit Kreuzverzierung „ist ein in Ton gebrannter Beleg der privaten Frömmigkeit im frühen Westfalen“, erläutert Stadtarchäologe Ralf Mahytka ein weiteres Exponat.

In Sekundenschnelle auf dem Schlachtfeld

Bevor sie beim Rundgang dieses Webgewicht und weitere Zeitzeugnisse aus dem Höxter des frühen Mittelalters in Augenschein nehmen, tauchen die Gäste in das Ereignis ein, um das sich die Ausstellung dreht: die Schlacht am Brunsberg. Wer auf einem der Drehstühle Platz nimmt und die VR-Brille aufsetzt, steht in Sekundenschnelle nicht wie ein Zaungast am Schlachtfeldrand, sondern ist mittendrin. Egal wohin er sich dreht (360 Grad): Um ihn herum toben furiose Kämpfe, eilen berittene Truppen herbei. Allerdings nicht so brutal, dass Kinder einen Schreck davontragen. Die Macher haben sich bewusst für einen fast comicartigen Stil entschieden, um Kampfhandlungen kind- und familiengerecht darstellen zu können.

Kleidung wie sie damals aussah und ein Webstuhl zum Ausprobieren vermitteln Eindrücke vom Leben der Vorfahren,

Kleidung und Waffen sind aber bis hin zum Zaumzeug der Pferde originalgetreu nachempfunden. Daher schaffen die computeranimierten Schlachtfeldszenen den Spagat zwischen Seriosität und Disneyland.

Ölgemälde setzt Kämpfe in Szene

Mehr als 900 Jahre nach der Schlacht, 1704, schuf der Laienbruder Hieronymus Sies (1654 – 1727) im Auftrag der Abtei Corvey ein großformatiges Ölgemälde, das den Hergang der Kämpfe am Weserufer am Fuße des Brunsbergs darstellt. Am linken Bildrand ist Karl zu Pferd mit Marschallstab zu sehen. Rechts im Hintergrund zeigt sich Corvey. Für die Ausstellung ist das Gemälde aus dem Refektorium des Schlosses ins Rathaus gekommen.

Repliken zum Anfassen, darunter Schutzschilde und Schwerter wie Sax oder Spatha, runden das Mittelalter-Erlebnis in der Markthalle ab. Kleidung und Schmuck, wie die Sachsen sie getragen haben, verlebendigen die Zeit vor 1250 Jahren zusätzlich. Ein Webstuhl lädt zum Ausprobieren ein. Figuren sind gekleidet wie die Vorfahren im 8.  Jahrhundert. Die Gäste bekommen insgesamt einen plastischen Eindruck davon, wie die Menschen am Vorabend der Gründung des Klosters Corvey gelebt haben – und wie nachhaltig die Eroberung und Christianisierung durch die Franken unsere Region geprägt hat.

Bis 19. Oktober zu sehen

Die Schau „Schlacht am Brunsberg – Aufbruch in eine neue Zeit“ ist bis zum 19. Oktober jeweils dienstags bis sonntags von 13 bis 18 Uhr geöffnet (für Gruppen auf Anfrage auch morgens). Sie korrespondiert mit der großen Sonderschau „775 – Westfalen“ im LWL-Museum in der Kaiserpfalz in Paderborn: An einem Stützpunkt Karls des Großen spazieren die Gäste durch die 1250-jährige Geschichte Westfalens. Auf rund 1.000 Quadratmetern wird die Entwicklung der Region und ihrer Menschen anhand von archäologischen Funden, historischen Handschriften und Gemälden erlebbar.

Das Zeitfenster ist länger als das verbleibende in Höxter: Die Paderbonrer Ausstellung endet erst am 1. März 2026.

Höxter vor 1200 Jahren; Archäologische Funde laden in der Ausstellung zur Spurensuche ein.