Corvey als Ort des Gebets zu bewahren: In dieser Mission ist Monsignore Andreas Kurte am Sonntag zu einem besonderen Anlass nach Höxter gekommen: Der Geistliche hielt die Festpredigt zum traditionellen Vitusfest mit Hochamt und Prozession und sah sich angesichts der großen Beteiligung an den Feierlichkeiten in seinem Herzensanliegen für die Weserabtei bestätigt.
Etwa 500 Menschen setzten mit ihrer Teilnahme die strahlkräftige Tradition der Vitusverehrung fort, die 836, also kurz nach der Gründung des Benediktinerklosters, mit der Übertragung der Reliquien des jugendlichen Märtyrers von St. Denis an die Weser begonnen hatte. Das festliche Gedenken gehört zu den Konstanten, die gerade auch in unruhigen Zeiten wie Leitplanken Orientierung geben.
Diese Beständigkeit schließt Aufbruch und Neuanfang nicht aus, wie Monsignore Kurte in seiner Festpredigt eindringlich verdeutlichte. Die Frage, wie sich der Glaube an die nächste Generation weitergeben lasse, stelle sich heute genauso wie in der Gründungszeit Corveys im 9. Jahrhundert. Der Blick auf die Geschichte der Abtei könne hier weiterhelfen. „Immer wenn sich die Abtei auf ihre Kernaufgaben und die Regel des Ordensgründers Benedikt besonnen hat, blühte sie auf“, so Kurte. Machtinteressen, Besitzerhalt und Grenzsicherung hätten hingegen zum Niedergang geführt. „Die Zukunft unserer Kirche muss radikaler werden“, schlussfolgerte der Festprediger. Radikal sei in dem Zusammenhang von der ursprünglichen Bedeutung des Wortes, Radix gleich Wurzel, zu betrachten.
Die Devise laute also „Radikal! Zurück zu den Wurzeln“. Und diese Wurzel sei die Botschaft Christi. Sie gelte es offensiv und mit Bekennermut zu verkünden und dabei auch neue Zugänge zum Glauben zu erschließen – neu im Sinne der Schriftstellerin und Mystikerin Madeleine Delbrêl, die einmal sagte: „Der Glaube ist wirklich wie eine arme Frau. Jedes Volk, jede Kultur und jedes Zeitalter schenkt ihr ein Kleidungsstück. Wenn die Zeiten sich wandeln, ist ihr Gewand abgetragen. Sie muss neue Kleider bekommen, wenn sie sich nicht im Keller verstecken will.“
Angesichts der Herausforderungen unserer Zeit müsse die Kirche sich mit vielen neuen Kleidern offensiv in die Gesellschaft einbringen. „Wir müssen uns einmischen – nicht als Besserwisser, sondern mit der Botschaft Christi.“ Nur mit ihr erreiche das Reden und Handeln die Herzen der Menschen. „Zum Glauben kann man nicht erziehen, sondern nur bewegen.“ Die Christen seien aufgerufen, Zeugnis davon zu geben, was sie im Innersten zur Nachfolge bewegt.
In Corvey hätten die Benediktinermönche genau das getan. Das 1200-jährige Bestehen sei ein Grund zum Feiern. Mit seiner impulsgebenden Festpredigt weckte Monsignore Kurte Aufbruchsstimmung. Der Einladung zum Vitusfest war er mit Freude gefolgt. Der langjährige Leiter des Bereichs Pastorales Personal im Erzbischöflichen Generalvikariat in Paderborn und heutige Chef des Pastoralen Raums Brakeler Land hat seit jeher eine besondere Beziehung zur Abtei. In seiner Zeit als Pfarrdechant in Höxter 2003 bis 2008 gehörte die ehemalige Abteikirche zu den Orten seines seelsorglichen Wirkens. 2017 veröffentlichte der Geistliche seine profund recherchierte Biographie der 67 Corveyer Äbte.
Jetzt ließ er die heutige Welterbestätte beim Vitusfest als Ort des Gebets aufleuchten. Seine Predigt und die zuversichtlichen Worte von Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek klangen auch beim anschließenden Zusammensein im Domänenhof nach. „Die Kraft des Geistes Christi kann unsere Welt verändern“, hatte der Leiter des Pastoralverbunds Corvey am Dreizehnlindenkreuz betont. Zu dieser Station war die Prozession nach dem Festhochamt gezogen.
Im Domänenhof nahmen der Pfarrdechant, das Pastoralteam und viele weitere Weggefährten dann Abschied von Pastor Jonas Klur, der Höxter nach fünf Jahren Vikarzeit verlässt. Auch bestand die Gelegenheit, den Jubiläumswein zum 1200-jährigen Bestehen der ehemaligen Benediktinerabtei zu probieren.