Während die Tablet-Führungen im Westwerk und die neue Dauerausstellung im Schloss am Start sind, werden zehn Jahre nach der Welterbeanerkennung in Corvey weitere wichtige Weichen gestellt: Die Bauarbeiten zur barrierefreien Erschließung des Johanneschores laufen.
Das Großprojekt erklärt die Gerüste vor den an das Westwerk angrenzenden barocken Domänengebäuden. Diese sollen mit einem Treppenaufgang, einem Fahrstuhl und schließlich einem Durchbruch in den Johanneschor ausgestattet werden – damit die Emporenkirche und Herzkammer des Welterbes von dort barrierefrei zu erreichen ist.
Diesem zentralen Anliegen dient die Baumaßnahme unter der Regie der Kulturkreis Höxter-Corvey gGmbH. Zurzeit müssen die Gäste noch die Treppen des Südturms des Westwerks hinaufsteigen, wenn sie den erhabenen Sakralraum aus karolingischer Zeit erkunden möchten. Bald führt der Weg sie durch die Tür zum Friedhof in das angrenzende Domänengebäude. Von dort aus geht es – über die Treppen oder den Fahrstuhl – direkt in den Johanneschor.
Entlang der Domäne entsteht für die neue Zuwegung zunächst ein moderner gläserner Anbau. Die Baustelle für diese Verbindungspassage liegt auf dem Friedhofsgelände. „Deshalb ist der Friedhof von sofort an nicht mehr durch die Kirche erreichbar“, erläutert Dorothee Feldmann, Direktorin Immobilien- und Kulturverwaltung des herzoglichen Hauses. Sie betreut das Bauprojekt und hat zusammen mit der Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus eine Lösung für den Gang zum Friedhof gefunden: Die Menschen erreichen ihn von sofort an über das rückwärtige Tor. Dieses ist während der Öffnungszeiten des Remtergartens, also täglich von 10 bis 18 Uhr, passierbar. Die Gäste müssen den Weg über die Schlossanlage und den Innenhof nehmen und vor dem Eingang zum Remtergarten rechts abbiegen. Dann gehen sie direkt auf das Tor zu.
Schilder weisen Gästen den Weg
Für den Umweg zum Friedhof mit Fallersleben-Grabmal bittet Dorothee Feldmann um Verständnis. Hinweisschilder werden in der Kirche und auf dem Gelände platziert. „Im Besucherzentrum weisen wir ebenfalls darauf hin.“ Bei Führungen muss der Friedhof in dieser Saison außenvor bleiben. „Die Gäste können ihn aber im Anschluss gerne von sich aus besuchen.“ Dann natürlich über den längeren Weg.
Die Baustelle, die diese Veränderungen erforderlich macht, liegt vom Fallersleben-Grabmal nicht weit entfernt. Einer der nächsten Schritte werden die Punkt-Fundamente für den Glas-Verbindungsgang vor dem Domänengebäude sein. Vorgeschaltet werden aber zunächst archäologische Grabungen. Denn überall schlummern Überreste der mittelalterlichen Klosteranlage. Sie gilt es zu bewahren.
Später dann folgt die Öffnung der Wand in den Johanneschor. Für diesen Durchbruch greift der Architekt der Baumaßnahme, Jürgen Schimmelpfeng aus Bad Arolsen, auf eine zugemauerte Öffnung aus der Erbauungszeit der Barockorgel zurück. Karolingische Substanz bleibt also verschont. Darauf legt der Denkmalschutz natürlich größten Wert. Mit den Fachleuten ist Dorothee Feldmann ebenso in ständigem Austausch wie auch mit der Standortleitung für das karolingische Westwerk und die barocke Abteikirche, Annika Pröbe.
Einhausung im Johanneschor
Der Durchbruch wird für die Besucher der Emporenkirche im Verborgenen geschehen. Denn die empfindliche karolingische Bausubstanz soll vor Baustaub geschützt werden. „Deshalb errichten wir im Johanneschor eine Staub-Einhausung“, berichtet Dorothee Feldmann. Hinter den Wänden dieser Konstruktion öffnen Fachhandwerker dann die Wand.
Corvey-Besucher kennen Einhausungen aus der Zeit, als die Glaswand zwischen Westwerk und Abteikirche errichtet wurde. Damals, 2022, wurde die gesamte Barockkirche von der Baustelle abgeschirmt. Zuvor war im Sommer 2020 im Südseitenschiff der Erdgeschosshalle des karolingischen Westwerks ebenfalls „versteckt“ hinter temporären Wänden eine neue Flachdecke eingezogen worden.
Die ehemalige Benediktinerabtei ist also spektakuläre Schutzmaßnahmen gewohnt. In die barrierefreie Erschließung fließen wegen der touristischen Strahlkraft Corveys Fördermittel von Bund und Land NRW sowie des Erzbistums Paderborn. Mit diesem Bauprojekt, das möglichst im Laufe der Saison 2025 abgeschlossen sein soll, runden das herzogliche Haus und die Kirchengemeinde ihre gemeinsamen Akzentsetzungen zur Fortentwicklung der Welterbestätte ab.