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Wand schottet Kirchenraum ab

Mittelalter meets Barock: Diese spannende Sichtbeziehung zwischen Westwerk und Abteikirche ist für einige Zeit unterbrochen. Fachhandwerker haben eine Wand aus Grobspanplatten eingezogen. Sie schottet den Kirchenraum hermetisch ab und schützt die Barockausstattung und die frisch restaurierte Andreas-Schneider-Orgel vor dem Staub, der entsteht, wenn die seit langem geplante intelligente Glastrennwand eingebaut wird. Diese Arbeiten sollen rechtzeitig vor Beginn des Jubiläumsjahres im September abgeschlossen sein.

Die Staubschutzwand ist ein auf ihre Weise besonderer Anblick. Die Engelatlanten, die die Orgelbühne tragen, sind hinter ihr verschwunden. Fotos: Sabine Robrecht

Bis dahin ist die spektakuläre Komplett-Verkleidung mit OSB-Platten sowohl aus der Eingangshalle des Westwerks als auch aus der Kirche heraus „ein auf seine Weise grandioser Anblick“, sagt Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek. Der markante Raumeindruck sei ein Zeichen dafür, „dass die Bauprojekte in Corvey voranschreiten“.

Dazu gehört ganz elementar die Glaswand, die zwei Zwecke erfüllt: Sie trennt den Sakralraum der barocken Abteikirche bei Gottesdiensten vom touristischen Betrieb im karolingischen Westwerk und dient außerdem als Projektionsfläche für eine fesselnde filmische Zeitreise in Corveys bedeutende mittelalterliche Klostergeschichte. Das geht, weil die Glaswand zu 95 Prozent blickdicht geschaltet werden kann. Als Höhepunkt des Films lässt das wissenschaftliche Kompetenzteam zur Erschließung des Westwerks die untergegangene mittelalterliche Basilika virtuell wieder auferstehen. Ein Aufsteller, der die Gäste in der Erdgeschosshalle des Westwerks auf die Bauarbeiten hinweist, vermittelt einen ersten vielversprechenden (Foto-)Eindruck.

Unterhalb der Orgelempore haben Fachhandwerker der Firma Laackmann Trockenbau aus Bad Driburg die Staubschutzwand angebracht. Das war, obwohl sie viel rumkommen, etwas Besonderes, resümieren Christian Mahs (links) und Sascha Böker.


Die großen Engelatlanten, die die Orgelbühne tragen, schauen während der Bauarbeiten vor die Staubschutzwand. Sie werden zum Schutz noch eingepackt, kündigen Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek (links) und Architekt Albert Henne an.

Die Blicke der Besucher werden sich nach kurzem Innehalten vor dem Aufsteller sofort auf die markante Staubschutzwand richten. Sie macht mindestens genau so viel Eindruck wie es vor etwa eineinhalb Jahren die Gerüste vor dem Hoch- und den Seitenaltären der Barockkirche getan haben.

Vor die Trennwand schauen auch die kräftigen Engelatlanten, die die Orgelempore tragen. Sie sind hinter den OSB-Platten zurückgeblieben, gehören also kurzzeitig nicht mehr zum Kirchenraum und „werden zum Schutz auch noch eingepackt“, kündigte Architekt Albert Henne an. Er betreut das Westwerk und die Abteikirche Corvey seit nunmehr 18 Jahren für die Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus und stuft die Staubschutzwand und ihren Einbau als ebenso spektakulär ein wie die neu konstruierte Tragevorrichtung für die Orgelbalganlage im Kirchendach und den fliegenden Einzug der schweren Bälge im Mai 2020 mit Hilfe eines Krans.

Für die Staubschutzwand zwischen Westwerk und Kirche reichte ein Rollgerüst. Unterhalb der Orgelempore haben Fachhandwerker der Firma Laackmann Trockenbau aus Bad Driburg die Elemente mit innen liegender Plane angebracht. Das war trotz langer Berufserfahrung etwas Besonderes, resümieren Christian Mahs und Sascha Böker: „An einem Ort wie diesem arbeitet man nicht alle Tage.“

Mittelalter meets Barock: Diese spannende Sichtbeziehung zwischen Westwerk und Abteikirche ist für einige Zeit unterbrochen.

Vor der von ihnen und ihren Kollegen errichteten „Abdichtung“ starten nun zunächst die vorbereitenden Arbeiten für den Einbau der Glaswand. „Wir beginnen mit der Öffnung des Bodens“, kündigt Architekt Albert Henne an. Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) werden den geöffneten Boden anschließend noch einmal in Augenschein nehmen. Sie hatten bei einer Sondage vor einiger Zeit schon festgestellt, dass karolingische Fundamente so tief liegen, dass die Stahlträger für die Glaswand sie nicht tangieren.

Weiter geht es mit Elektroleitungen und natürlich den Elementen der Wand. „Wir hoffen, dass es beim Glas keine Lieferengpässe gibt“, sagt Albert Henne.

Die Besucherinnen und Besucher bringen die Bauarbeiten im wahrsten Sinne des Wortes „in Bewegung“, kündigen der Architekt und der Pfarrdechant an. Denn die Stahltüren der Staubschutzwand werden nur sonntags zum Gottesdienst oder bei Hochzeiten und anderen kirchlichen Anlässen und an den Wochenenden geöffnet. Damit die Gäste trotzdem die Kirche sehen können, werden sie umgeleitet: Sie gehen durch den Kreuzgang weiter zum kleinen Kreuzgang und gelangen durch eine Tür in den Chorraum der barocken Abteikirche. Der ist eigentlich für die touristischen Gäste tabu. Jetzt aber betreten sie den Sakralraum von diesem „hidden place“ aus. So können Beschränkungen zu versteckten Orten führen. „Wir bitten um Verständnis für die Umwege“, signalisiert der Pfarrdechant.