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Von Luftströmen und Salzen

By 26. Juni 2018Oktober 26th, 2018No Comments

Untersuchungen im Westwerk helfen bei der Zukunftsplanung

Im Jahr 885 wurde das Corveyer Westwerk geweiht. 1.133 Jahre wechselvolle Geschichte und diverse Restaurierungsmaßnahmen – die alle dem Wissensstand ihrer Zeit entsprachen – haben Spuren hinterlassen. Umfassende Restaurierungs- und Sanierungsmaßnahmen sind erforderlich und auch die künftige, zeitgemäße Erschließung des einzigartigen, karolingischen Bauwerks mit multimedialen Mitteln macht weitsichtige Planungen notwendig. So wurden in den vergangenen Wochen Luftströme gemessen und die Belastung der sensiblen Bausubstanz durch Feuchte und Salze untersucht.

Bewegung im Erdgeschoss

Die Luftstrommessungen führten Mitarbeiter des Instituts für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e.V. (IDK) durch. Sie hatten sich zum Ziel gesetzt, die Bewegung der Luft im Erdgeschoss und im Johannischor visuell und messtechnisch zu erfassen. Zwischen dem ebenerdigen karolingischen Gewölbe und der Barockkirche zog man eine provisorische Trennwand mit Plastikplanen ein, die die Rolle der geplanten intelligenten Glastrennwand übernahm. Sie soll in Zukunft insbesondere der Wahrung der Integrität des Sakralraums dienen.

Mit Hilfe von Sensoren konnten die vorherrschenden waagerechten Luftgeschwindigkeiten an ausgewählten Messpunkten erfasst werden. Jeder Messvorgang dauerte fünf Minuten. Luftbewegungen ab ca. 0,1 m/s werden von Menschen als Zugluft wahrgenommen, sind also bereits spürbar. Höhere Luftbewegungen ab ca. 0,5 m/s werden als unangenehme Zugluft erlebt. Um das Ganze sichtbar zu machen, kam eine Maschine zum Einsatz, die kleine Mengen Theaternebel ausstieß. Durch die Kombination von Luftströmungssensoren und Nebel konnte man die Zugluftrichtung und auch die Luftgeschwindigkeiten erfassen und visualisieren. Ein beeindruckender Effekt.

Messwerte helfen beim Restaurieren

Im gleichen Zeitraum sammelten andere Fachleute neue Daten zur Feuchte- und Salzbelastung im Westwerk. Ihre Untersuchungsergebnisse helfen auch dabei, die anstehenden Planungen zur Erschließung des Welterbes abzusichern. Schon im Vorfeld hatte die restauratorische Fachbauleiterin Dipl.-Rest. Karen Keller aus Köln gemeinsam mit Kollegen der Baudenkmalpflege Münster die zu untersuchenden Bereiche und die Art der Messungen festgelegt und dokumentiert. Durch modernste zerstörungsfreie Messmethoden sollten die Salzarten und ihre Verteilung ermittelt werden. Außerdem wurden Möglichkeiten zur zerstörungsfreien Erfassung der Materialfeuchte getestet. Das ist von besonderer Wichtigkeit, weil die Höhe der Materialfeuchte großen Einfluss auf die Wanderung von Salzen hat, die substanzzerstörend wirken können. Bereits die ersten noch vor Ort ermittelten Ergebnisse zeigten, dass die Experten mit Hilfe ihrer mobilen Geräte die Verteilung von Salzen auf Oberflächen im Westwerk analysieren und offene Fragen zu den Schadensursachen beantworten können.

In den kommenden Wochen steht die sogenannte restauratorische Befunduntersuchung an. Dabei werden u. a. Bestand und Zustand der karolingischen Wandmalereien genau überprüft, dokumentiert und erfasst. Nach Abschluss dieser Arbeiten kann im nächsten Schritt die Auswahl geeigneter Konservierungsmaßnahmen erfolgen.