Die Strahlkraft Corveys reicht weit in die Welt hinaus. Aber auch ihr unmittelbares Umfeld haben die Gottesmänner der einstigen Benediktinerabtei nachhaltig geprägt. Auf drei sehenswerte Beispiele – die Heiligenbergkapelle zwischen Ovenhausen und Lütmarsen, den Weinberg bei Höxter mit seinem kleinen barocken Gotteshaus und die frühere Propstei „tomRoden“ – richten wir in diesem Beitrag den Blick.
Diese besonderen Orte sind allesamt lohnende Ausflugsziele – auch für die Zeit des Kontaktverbots während der Corona-Pandemie. Wer diese Kleinode erkundet, begibt sich auf spirituelle, aber auch unternehmensstrategische Spuren der Benediktinermönche aus Corvey. Wirtschaftliche Erfolge führten die Ordensmänner nämlich im Schilde, als sie unter Fürstabt Christoph von Bellinghausen 1680 am Südosthang des Räuschenberges oberhalb der heutigen B64 am Ortsausgang Höxters einen Weinberg anlegten.
Kurzer Erfolg
Der Erfolg war aber nur von kurzer Dauer, weil die Ernten unter anderem aufgrund klimatischer Veränderungen zu wünschen übrig ließen. Begonnen hatten die Mönche mit dem Weinbau wohl schon im Mittelalter, allerdings nicht am Räuschenberg. Abt Widukind von Corvey (1189 – 1203) hatte am Südhang des Bielenbergs westlich von Höxter einen Weinberg errichten lassen.
Eindrucksvolles Zeugnis der späteren Weinbaugeschichte Corveys am Räuschenberg ist die 1689/90 erbaute St. Josef-Kapelle im Wald – ein barockes Kleinod, dessen Eingangstür von Trauben aus Stein schmuckvoll gerahmt ist. In der Kapelle kamen die Weinbauer dem geistlichen Teil der Benediktsregel „Ora et labora“ (bete und arbeite) nach. Das kleine barocke Gotteshaus erinnert heute daran und bildet den Startpunkt des ökumenisch-biblischen Weinpfads mit sieben Buchstationen.
Dieser rund drei Kilometer lange Rundweg macht die Wanderer mit der Corveyer Weinbaugeschichte und der Bedeutung der ehemaligen Reichsabtei, aber auch mit den Botschaften der Bibel vertraut. Bezüge bietet wiederum der Wein, der in der Heiligen Schrift als Symbol der Lebensfreude und der Nähe Gottes gilt. Wer an den Buchstationen des Weinpfads inne hält, bereichert nicht nur sein Wissen sondern erhält auch spirituelle Impulse.
Ausblicke auf Corvey
Die an vielen Stellen möglichen Ausblicke auf Corvey unterstreichen die Spiritualität dieses Weges. Wie ein Fels in der Brandung muten das einzigartige karolingische Westwerk und die gewaltigen Barockbauten an, die beim Wiederaufbau nach den Zerstörungen des 30-jährigen Krieges von 1667 an entstanden sind. Gebaut für die Ewigkeit und zum Lobe Gottes: Die Würde, die Corvey ausstrahlt, verleiht den Gedanken der Wanderer Flügel.
Auf ihrem weiteren Weg entlang weiter Wiesen und Obstplantagen eröffnet sich den Ausflüglern dann schließlich ein neues Kapitel Corveyer Weinbaugeschichte. Weinfachmann Michael Rindermann und seine engagierten Mitstreiter haben es nach 300 Jahren an historischer Stelle mit Rebstöcken erfolgreich aufgeschlagen.
Klosterruine erzählt Geschichte
Sowohl vom Weinberg, als auch vom zweiten Ausflugsziel, der ehemaligen Benediktinerpropstei „tom Roden“ am Rand des Gewerbegebiets „Zur Lüre“ in Höxter, ist Corvey direkt zu sehen. Ein Mönch aus der damaligen Abtei im Weserbogen wird 1244 als Propst von „tom Roden“ genannt.
Die Fundamente der um 1150 erbauten und 1538 aufgelösten Klosteranlage schlummerten jahrhundertelang im Boden. Bei Ausgrabungen des westfälischen Amtes für Bodendenkmalpflege von 1976 bis 1980 wurden die Fundamente freigelegt und später unter der Ägide der Stadt Höxter aufgemauert.
Nicht nur die Klosterkirche St. Maria Magdalena ist in ihren Umrissen erkennbar. Auch von den übrigen Gebäuden, Brunnen und Gräben können sich die Besucher ein Bild machen – und dabei den Blick immer wieder auf das nahe Corvey richten.
„tom Roden“ („Zur Rodung“), dessen Name auf die hochmittelalterliche Landgewinnung in der Lüre zurück geht, ist ein beliebtes Ausflugsziel, das bei Kindern die Phantasie anregt und Abenteuerlust weckt. Sie erkunden die Mauern, verstecken sich in Nischen und stellen sich vor, wie es wohl war, im Mittelalter zu leben.
Als Ort des Glaubens lassen die Kirchenfundamente diese reizvolle Klosterruine in einem Licht erscheinen, das die Menschen zum Innehalten einlädt.
Spiritueller Ort am Jakobsweg
Zur Ruhe kommen können die Menschen auch auf dem Heiligenberg zwischen Ovenhausen und Lütmarsen. Im Jahr 1079 legten Ordensmänner aus Corvey den Grundstein für die Michaelskapelle inmitten der Natur. Dieser besondere Glaubensort zieht alljährlich am Pfingstmontag – zur Festmesse mit Gastprediger – die Menschen zu Hunderten an. Die katholische Kirchengemeinde Ovenhausen erfüllt die Kapelle mit regem Glaubensleben.
Viele Menschen suchen diesen spirituellen Ort aber auch ohne konkreten Anlass auf, um Gott zu suchen und Abstand vom Alltag zu finden. Der Heiligenberg liegt – wie die Abteikirche Corvey und das karolingische Westwerk – am Jakobsweg und lässt sich von seinem Gründungsort, der ehemaligen Reichsabtei, aus auf den Spuren der Mönche innerhalb weniger Stunden erwandern. Wer nach dem Aufstieg auf einer der Bänke vor der Michaelskapelle Platz nimmt, dem Zwitschern der Vögel lauscht und auf das Gotteshaus schaut, fühlt sich der Welt entrückt und Gott ganz nah.
Kloster Brenkhausen ist Zentrum der Ökumene
Titelfoto/Beitragsbild: Von den aufgemauerten Kirchenfundamenten der Propstei „tom Roden“ aus ist Corvey zu sehen. Die Galerie unten zeigt Motive des Klosters Brenkhausen.