In der Abteikirche Corvey hatten Angehörige, Freunde und Kollegen im April 2014 von der in Afghanistan ermordeten, preisgekrönten Fotografin Anja Niedringhaus Abschied genommen. Jetzt – anlässlich des zehnten Todestages – wurde ihr Vermächtnis am gleichen Ort gegenwärtig. Ein ökumenischer Gottesdienst in der Welterbestätte bildete den Auftakt zu einem bewegenden Gedenktag.
Dem Kloster Corvey war die Fotojournalistin eng verbunden: Sie stammte gebürtig aus Höxter. Hier, in ihrer Heimatstadt, haben Weggefährten zur Erinnerung an ihr Werk das Forum Anja Niedringhaus (FAN) geschaffen. In einem historischen Fachgebäude, dem Tilly-Haus in der Innenstadt, ist im Andenken an die Pulitzer-Preisträgerin ein Erinnerungsort entstanden.
Das Gedenken gilt gleichzeitig den Opfern von Krieg und Verfolgung. Denn Anja Niedringhaus hat aus Kriegs- und Krisengebieten, zuletzt aus Afghanistan, berichtet. Im Auftrag von Nachrichtenagenturen wie der amerikanischen Associated Press (AP) entstanden Fotos, die in den großen Magazinen und Zeitungen um die Welt gingen.
Aufrufe zum Frieden
In Afghanistan ist Anja Niedringhaus am 4. April 2014 während eines Reportage-Einsatzes erschossen worden. Sie und ihre Kollegin und Freundin Kathy Gannon wollten über die anstehenden Präsidentschaftswahlen im Land am Hindukusch berichten. Ein afghanischer Polizist richtete eine Waffe auf die beiden Frauen, als sie in einem Konvoi in der Provinz Khost unterwegs waren und auf der Rückbank eines Autos saßen. Kathy Gannon überlebte schwer verletzt. Anja Niedringhaus war sofort tot. Sie liegt in ihrer Heimatstadt Höxter begraben.
Die Aufnahmen, die die weltbekannte Kriegsfotografin hinterlässt, sind Aufrufe zum Frieden. „Wenn ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt“, sagte sie. In der Dauerausstellung im Forum in Höxter bilden ikonische Aufnahmen aus eineinhalb Jahrzehnten ihre Arbeit und diesen Leitsatz eindrücklich ab. Wechselnde Schauen kommen hinzu. Außerdem setzt der Trägerverein mit Veranstaltungen Akzente. So ist das Forum auch ein Ort des Austausches und der Begegnung – ganz im Sinne des Grundanliegens der berühmten Fotografin, das ihre Arbeit so besonders machte und die Menschen nachhaltig berührt.
Glaube, Liebe, Hoffnung
Im Gedenkgottesdienst aus Anlass des zehnten Todestages von Anja Niedringhaus in Corvey brachte Pfarrerin Friedhilde Lichtenborg dieses Anliegen bewegend ins Wort. Anja sei es darum gegangen, den einzelnen Menschen mit seiner eigenen Geschichte – in seinem Kampf und in seinem Überleben – zu zeigen. Und dafür den passenden Moment einzufangen.
Jeden Menschen mit Ehre und Achtung zu betrachten: Im Sinne dieser Grundhaltung spreche der Glaube an das Gute aus Anjas Bildern. Aber auch ihre Hoffnung auf Frieden und ihre liebevolle Sicht strahle von den Fotos aus. Deshalb seien sie so berührend. Pfarrerin Lichtenborg stellte das Vermächtnis der Verstorbenen daher in den biblischen Kontext des Dreiklangs „Glaube, Liebe, Hoffnung“ aus dem ersten Korintherbrief.
Anjas Wunsch nach Frieden und ihr liebevoller Blick auf die Menschen entfaltete sich in dem von Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek und Pfarrerin Friedhilde Lichtenborg gemeinsam geleiteten Gottesdienst und ließ die Welterbestätte in diesem Sinne als beständigen Kraftort des Glaubens aufleuchten.
Sängerinnen und Sänger der Gregorianik-Schola und Hans Hermann Jansen an der historischen Andreas-Schneider-Orgel gestalteten den Gottesdienst musikalisch mit.