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Decke erfolgreich demontiert

By 13. Juli 2020No Comments

Das Südseitenschiff der Erdgeschosshalle des Welterbe-Westwerks mit seinen fragmentarisch erhaltenen karolingischen Wandmalereien verbirgt sich derzeit auf breiter Front hinter einer rechteckigen Einhausung. Die Behelfswände umgeben ein Gerüst, auf dem jetzt Fachleute standen, als sie die verputzte Flachdecke erfolgreich demontiert haben.

Bei diesen Arbeiten waren Vorsicht und Fingerspitzengefühl gefordert. Denn die in den 1960-er Jahren neu eingezogene Decke grenzte unmittelbar an die mehr als 1000 Jahre alten Wandfriese, von deren Farbenpracht die erhaltenen Überreste einen zaghaften, aber dadurch nicht weniger imposanten Eindruck vermitteln. Die Flachdecke übte auf die direkt angrenzenden Malereien Druck aus, was ihnen nicht gut tat. Deshalb fiel die Entscheidung, den Deckenputz herunterzunehmen.

Während die Besucher in der Erdgeschosshalle des Westwerks ein und ausgehen, arbeitet die Restauratorin Katharina Heiling hinter einer Einhausung. Fotos: Sabine Robrecht

Das ist gelungen, ohne die karolingische Kunst zu gefährden. Restauratorin Katharina Heiling war bei der Demontage der Decke die ganze Zeit dabei, „um sofort eingreifen zu können, wenn sich von den Wandmalereien etwas gelöst hätte“, berichtete Architekt Albert Henne, der für die Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus die Restaurierungsarbeiten im Westwerk betreut. „Im Ernstfall hätte die Restauratorin die Substanz sofort wieder gefestigt“, erläutert der Architekt. Das war am Ende nicht nötig. Die Decke ist runter.

Weiter vor Ort

Katharina Heiling ist aber weiter vor Ort, um ihre vorher schon angefangene Arbeit zur Sicherung der Wandmalereien im Südseitenschiff fortzusetzen. Während die Corvey-Besucher in Westwerk und Kirche ein und aus gehen, bringt sie auf dem Gerüst hinter der Einhausung an einigen Stellen Hinterfüllungen zur Wiederanbindung der kostbaren Substanz an den Untergrund an. Außerdem kittet die Restauratorin mit feinem Werkzeug Risse.

Der Millimeterarbeit zur Sicherung der karolingischen Wandmalereien sind genaue Farbproben vorausgegangen.

Genaue Farbproben

Dieser Millimeterarbeit sind genaue Farbproben vorausgegangen. Denn alle Kittungen werden in Farbton und Körnung auf die mehr als 1000 Jahre alte Substanz abgestimmt. Beim Ausbau der Decke sind über den Wandfriesen noch karolingische Putze gefunden worden. Damit ist die Erkenntnis des Corvey-Forschers Professor Uwe Lobbedey augenfällig geworden, dass man damals erst gebaut und verputzt und dann nachträglich die flache Decke eingezogen hat.

Abstand zur Wand

Um jetzt nicht wieder direkt an die Malereien zu geraten, soll die neue flache Lehmputzdecke mit Abstand zur Wand eingezogen werden. Der Betrachter fragt sich, ob das Seitenschiff – wie es gegenüber auf der Nordseite der Fall ist – wohl ursprünglich gewölbt war. Dem war nicht so. Beide Seitenschiffe der Erdgeschosshalle waren flach gedeckt, erfährt der Leser im Antrag auf Einschreibung des karolingischen Westwerks und der Civitas Corvey in die UNESCO-Welterbeliste. In den 1960-er Jahren hat man sich also mit dem Einzug der Flachdecke auf der Südseite unter der Ägide von Oberbaurat Fritz Sagebiel am Original orientiert.

Architekt Albert Henne nach der Demontage der Decke im Südseitenschiff der Erdgeschosshalle.

Im Johanneschor – dem liturgischen Zentrum des Westwerks – gehen die restauratorischen Arbeiten ebenso wie im Erdgeschoss zügig voran. „Die Gerüste werden voraussichtlich Anfang August abgebaut“, berichtet Albert Henne. Die Gerüstbauer werden sich mit Orgelfachleuten die Klinke in die Hand geben: Sie setzen bis in den September hinein den Einbau der restaurierten Springladenorgel fort.