Ein Jahr vor den Feierlichkeiten zum Jubiläum „1200 Jahre Corvey“ steht der ehemaligen Benediktinerabtei im Weserbogen ein großer Tag bevor: Die restaurierte Springladenorgel der barocken Abteikirche wird am Samstag, 12. Juni, 15 Uhr, festlich wieder eingeweiht. Diesen Termin gab der Leiter des Pastoralverbunds Corvey, Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek, jetzt bei einem Besuch von Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann bekannt.
Das Ende September 2020 neu gewählte Stadtoberhaupt war bei der katholischen Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus Corvey zu Gast, um sich von den Jubiläumsvorbereitungen und den ambitionierten Planungen zur multimedialen Erschließung des karolingischen Westwerks ein Bild zu machen. Mit nachhaltiger Unterstützung des Erzbistums Paderborn verhilft die kleine Gemeinde dem großen monastischen Erinnerungsort mit seinen Alleinstellungsmerkmalen von Weltgeltung zu neuer und publikumswirksamer Blüte. „Wir möchten Corvey in seiner historischen und geistlichen Bedeutung, aber auch als lebendigen Ort des Glaubens für die Menschen erlebbar machen“, formulierte Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek im Gespräch mit dem Bürgermeister ein Ziel, das über der multimedialen Installation und auch über dem Jubiläumsjahr 2022/2023 steht.
Barrierefreie Erschließung
Dieses Grundanliegen ist auch der Motor für ein Bauvorhaben, das der Pfarrdechant gemeinsam mit dem geschäftsführenden Vorsitzenden des Kirchenvorstandes, Josef Kowalski, dem neuen Verwaltungsleiter des Pastoralverbundes, Marcus Beverungen, dem Leiter des wissenschaftlichen Kompetenzteams zur Erschließung des Westwerks, Professor Dr. Christoph Stiegemann, und Hans-Werner Gorzolka (Kirchenvorstand Ovenhausen und Mitglied der Steuerungsgruppe für das Corvey-Jubiläum) dem Bürgermeister erläuterte. Der Johanneschor – liturgisches Zentrum des Westwerks im ersten Obergeschoss – soll über einen Aufzug möglichst vom angrenzenden Domänengebäude aus barrierefrei erschlossen werden. Fördermittel des Landes sind zugesagt. Zurzeit läuft eine Machbarkeitsstudie, die auch die Belange des Denkmalschutzes umfasst. Der barrierefreie Zugang, der auch im Welterbe-Managementplan klar gefordert wird, liegt der Kirchengemeinde am Herzen. „Möglichst zu Beginn des Jubiläumsjahres im September 2022, spätestens aber zur Landesgartenschau sollte er fertig sein“, formulierte Josef Kowalski ein wichtiges Anliegen. „Als Kirche stehen wir hier in der Verantwortung.“
„Was wir dazu beitragen können, machen wir selbstverständlich gerne“, sicherte Bürgermeister Daniel Hartmann der Kirchengemeinde nicht nur in dieser Frage die Rückendeckung der Stadt zu. Er zeigte sich beeindruckt von den Plänen, das Westwerk in seiner einzigartigen Aura ohne jeglichen Eingriff in die karolingische Originalsubstanz nachhaltig didaktisch zu erschließen.
Auf den Spuren großer Forscher
Wie das geschehen soll, stellte Professor Stiegemann vor. Das Westwerk erschließe sich in seiner großen Bedeutung derzeit nur dem geschulten Blick, konstatierte der Wissenschaftler. Das soll sich mithilfe digitaler Tools ändern. Mittels Augmented Reality erleben die Besucher im Johanneschor die Einzigartigkeit der erhaltenen Wandmalereien und blicken ihren Schöpfern im Entstehungsprozess über die Schulter. Auch wandeln sie auf den Spuren großer Corvey-Forscher. „Im Einsatz moderner Technologien zur Kommunikation von Welterbe steht Corvey als eines der ‚Best Practise‘-Beispiele in einem internationalen Kontext mit großen Welterbestätten wie der Domus Aurea in Rom und Tarragona in Spanien“, ordnete Professor Stiegemann das Juwel am Weserbogen in der ersten Liga der europäischen Welterbestätten ein.
Das Goldene Zeitalter
Möglichst mit Beginn des Jubiläumsjahres, das die eigens gegründete Steuerungsgruppe unter der Leitung des Pfarrdechanten intensiv vorbereitet, soll die Geschichte der Reichabtei multimedial gegenwärtig werden. Die Feierlichkeiten beginnen am 25. September 2022 – genau 1200 Jahre nachdem Benediktinermönche aus dem französischen Corbie an der Weser ihr monastisches Leben aufnahmen. Dem Festakt am Jahrestag schließen sich bis Allerheiligen 2023 hochkarätige Veranstaltungen an. Flankierend zur Landesgartenschau rückt Professor Stiegemann „Das Goldene Zeitalter“, die neue Glanzzeit des nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder aufgebauten Klosters, ins Licht des Jubiläums. Die Präsentation führt die große Geschichte des Reichsklosters und Fürstbistums bis zur Säkularisation vor Augen und erweckt hochrangige Kunstwerke aus dieser Zeit aus dem Dornröschenschlaf.
Zur Einstimmung auf das Festjahr erklingt nun bald die Springladenorgel am angestammten exponierten Platz. Für die Orgelweihe am 12. Juni hat Weihbischof em. Manfred Grothe zugesagt, berichtete der Pfarrdechant im Gespräch mit Bürgermeister Hartmann. Jörg Kraemer, Orgelbeauftragter des Erzbistums Paderborn, lässt das bedeutende Instrument erklingen. Er hatte bei einer frühen Klangprobe im Herbst 2020 gemeinsam Christian Steinmeier, Orgelsachverständiger des LWL, einen guten Eindruck gewonnen: Überzeugend sei „der warme, singende, den Raum in perfekter Balance einhüllende weiche und tragfähige Klang der zu neuem Leben erweckten alten Pfeifen“. Der Bürgermeister freut sich darauf, ihn zu erleben.