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Digitaler Rundgang führt nach Herne und Corvey

Digitale Formate eröffnen neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Dieses Potenzial hat das LWL-Archäologiemuseum Herne jetzt bei einer Online-Führung anlässlich des Internationalen Museumstages genutzt:  Das Team schaltete mehrere Male direkt ins Weltkulturerbe Corvey. So konnten die Gäste, wo immer sie sich zugeschaltet hatten, zwei besondere Orte zusammen erleben.

Kai Bernhardt filmt Annika Pröbe und Dr. Michael Lagers. Fotos: Sabine Robrecht

In der Dauerausstellung des Archäologiemuseums fächern sich 280.000 Jahre Menschheitsgeschichte eindrucksvoll auf. Hier spielt das Frühmittelalter eine wichtige Rolle – und bildet den Anknüpfungspunkt zur Welterbestätte Corvey. Denn die Benediktinerabtei an der Weser wurde genau in jener Zeit, vor 1200 Jahren, gegründet.

In Herne führten die Museumspädagoginnen Sylvia Bachmann und Marina Dessau die virtuellen Gäste zunächst auf das Schlachtfeld der Sachsenkriege. Von 772 an wollte Frankenkönig Karl der Große das Volk der Sachsen bezwingen und christianisieren. 30 Jahre lang währten die Auseinandersetzungen, die im Museum in Herne nicht nur anhand bedeutender Funde, sondern in einem Kriegskubus mithilfe digitaler Tools auch sinnlich erfahrbar werden.

Gruß aus Corvey nach Herne. Digitale Möglichkeiten machen die gemeinsame Führung möglich.

Der Christianisierung mit dem Schwert folgte die Überzeugungsmission. Karl ließ Kirchen und Klöster bauen. Einer dieser Stützpunkte – jetzt kommt die Welterbestätte ins Spiel — entstand an der Weser.   Karls Sohn Ludwig der Fromme setzte mit der Gründung des Benediktinerstifts Corvey eine Vision seines 814 verstorbenen Vaters um.

Vor einem steinernen Zeugnis dieser großen Vision – dem karolingischen Westwerk – schalteten sich die Herner Museumspädagogen Dr. Michael Lagers und Kai Bernhardt zusammen mit Annika Pröbe vom wissenschaftlichen Kompetenzteam der Kirchengemeinde Corvey in die digitale Führung ein. Annika Pröbe erläuterte beim Anblick der markanten Fassade anschaulich, wie sich karolingische Architektur erhalten hat und welche Alleinstellungsmerkmale das Westwerk zusammen mit dem als Bodendenkmal erhaltenen frühmittelalterlichen Klosterbezirk, der Civitas, zum Welterbe adeln.

Im Innern des Westwerks, der Erdgeschosshalle, richtete die Historikerin den Blick auf die korinthischen Kapitelle der vier Säulen, die als Schöpfungen der karolingischen Renaissance von hohem Erinnerungswert sind. Fragmentarisch erhaltene Wandmalereien aus der Erbauungszeit des Klosters zeigte die Wissenschaftlerin den Gästen ebenfalls – um sie dann vom Mittelalter direkt in die Zeit des Barock zu führen. Der Weg ist im wahrsten Sinne des Wortes kurz. Denn die barocke Abteikirche schließt sich unmittelbar an das Westwerk an.

Im Chorraum angekommen kehrten die Gedankenreisen dann zurück in die Gründungszeit. Denn Annika Pröbe zeigte bei der digitalen Gemeinschaftsführung Reminiszenzen an die Stifter des Klosters. In Gestalt imposanter Figuren flankieren Karl der Große und Ludwig der Fromme den prachtvollen Hochaltar.

Die Führingen liefen live über die Plattform Zoom.

Die beiden Kaiser haben den Grundstein dafür gelegt, dass an der Weser ein Glaubensort mit europaweiter Strahlkraft, ein geistliches, kulturelles, politisches und wirtschaftliches Zentrum – kurzum: ein Leuchtturm der Christenheit emporwächst. Im Jubiläum, für das Annika Pröbe das Interesse der Gäste weckte, gerät dieser strahlkräftige Glaubens- und Erinnerungsort in einen überregionalen Fokus.

Nach Herne zurück führte Dr. Michael Lagers zum Schluss anhand eines weiteren Anknüpfungspunkts: Kaiser Ludwig der Fromme verlieh der Benediktinerabtei schon zehn Jahre nach ihrer Gründung das Recht, Silbermünzen zu prägen. In Herne sind Silbermünzen zu bewundern.

Es gibt also gute Gründe, das Archäologiemuseum in Herne und auch die Welterbestätte Corvey zu besuchen. Die digitale Kombiführung hat Neugier geweckt und auch den Beteiligten an beiden Standorten viel Freude gemacht. Sie wollen die gedeihliche Zusammenarbeit fortsetzen. Man darf gespannt sein.